03.02.2021
Klinische Evidenz in der Kinderzahnpflege
Eine am Freitag veröffentlichte klinische Studie internationaler Forscher zeigt, dass Kinder zum Schutz vor Karies keine Fluoridzahnpasta benötigen, wenn die Alternative Hydroxylapatit heißt. Seit Jahrzehnten wird der Einsatz von Fluorid in Kinderzahnpasten empfohlen. Deren vorgeschriebene Dosierung gilt es zu beachten, da Fluorosen eine häufige und lebenslange Begleiterscheinung sein können.
Die Forschung unterschiedlicher internationaler Wissenschaftler zu wirksamen Fluorid-Alternativen läuft seit über 30 Jahren. Gerade erst 2019 zeigte eine klinische Studie, die an fünf deutschen Universitätskliniken an Patienten mit stark erhöhtem Karies-Risiko durchgeführt wurde, dass Hydroxylapatit in der Kariesprophylaxe bei bleibenden Zähnen dem Wirkstoff Fluorid nicht unterlegen ist[1].
Die jetzt im renommierten Fachjournal ”Scientific Reports” publizierte klinische Studie beweist, dass Hydroxylapatit auch an Kinderzähnen mindestens genauso wirksam ist wie Fluorid, um Milchzahnkaries vorzubeugen. Das zur angesehenen Nature-Publishing-Gruppe zählende Journal veröffentlichte die Untersuchungen zu deren Gegenstand die Wirksamkeit von Zahnpasta mit Hydroxylapatit im Vergleich zu Zahnpasta mit Fluorid hinsichtlich des Kariesschutzes bei Milchzähnen zählt. An der randomisierten und doppelblinden Multi-Center-Studie nahmen mehr als 200 Kinder im Alter von drei bis sieben Jahren mit Milchgebiss teil. Die Kinder verwendeten über ein Jahr lang dreimal täglich entweder eine Kinderzahnpasta mit Hydroxylapatit (Prüfpräparat: Kinder Karex) oder eine bekannte Kinderzahnpasta mit Fluorid und weiteren antibakteriellen Wirkstoffen. Dabei wurden die Zähne jeweils morgens und abends von den Eltern mit einer elektrischen Zahnbürste gereinigt und mittags in der Kindertagesstätte von den Kindern selbst mit einer Handzahnbürste geputzt. Um die Verblindung für alle Beteiligten zu bewahren, wurde in beiden Gruppen jeweils nur eine erbsengroße Portion verwendet. Diese Menge gilt für fluoridhaltige Kinderzahnpasten (ab 1.000ppm) aufgrund des Fluorosen-Risikos als Dosierungsvorgabe. Hydroxylapatit kann hingegen auch in größeren Mengen angewendet werden, da es bei Verschlucken unbedenklich ist.
Über die Studienergebnisse
Die Beurteilung der Karies erfolgte auf der Grundlage des modernen Internationalen Karies Detektions- und Bewertungssystems, kurz ICDAS. ICDAS gilt als Goldstandard in der Bewertung von Karies in klinischen Studien. In der aktuellen klinischen Studie wurde die Entwicklung neuer Kariesläsionen und/oder
das Fortschreiten bereits vorhandener Läsionen binnen des Untersuchungs-zeitraums dokumentiert. Es konnte festgestellt werden, dass die fluoridfreie Zahnpasta mit Hydroxylapatit sogar um sieben Prozent besser vor Karies schützt als das fluoridhaltige Produkt. Demnach wurde innerhalb des einjährigen Untersuchungszeitraums bei 58,4 Prozent der Kinder, die Fluoridzahnpasta anwendeten mindestens eine neue Läsion nach ICDAS code ≥ 2[2] detektiert.
„Diese klinische Studie, die nach modernsten Standards durchgeführt wurde, zeigt einmal mehr, dass Hydroxylapatit Karies wirksam vorbeugen kann“, erklärt Dr. Frederic Meyer, Senior Scientist Oral Care bei Dr. Wolff.
Frühkindliche Karies noch lange nicht besiegt
Seit Jahren wird insbesondere bei 12-jährigen Kindern ein Rückgang von Karies bei der bleibenden Detention verzeichnet. Dem gegenüber ist Karies an Milchzähnen die häufigste chronische Erkrankung im Kindesalter. In Deutschland leiden 13,7 Prozent der Kleinkinder (0 – 3 Jahre) unter Milchzahnkaries, bei den sechs bis sieben Jährigen sind es 43,6 Prozent3. Dabei tritt die Milchzahnkaries in allen Bildungsschichten auf. Grund für das Auftreten sind häufig gesüßte Getränke und mit steigendem Alter auch ein erhöhter Zuckerkonsum sowie eine unzureichende Mund- und Zahnpflege.
Fluorid und Fluorosen
Auch wenn sowohl fluoridfreie Zahnpasten mit Hydroxylapatit als auch fluoridhaltige Zahnpasten, das Milchgebiss vor Läsionen schützen, bergen letztere ein Risiko für das Entstehen von Fluorosen und unterliegen daher strengen Dosiervorgaben: Wenn Kinder Fluorid über mehrere Quellen aufnehmen z. B über Speisesalz oder Fluoridtabletten und zusätzlich, vor allem im jungen Alter, noch nicht in der Lage sind, die Zahnpasta vollständig auszuspucken, können Fluorosen entstehen. Hinzu kommt, dass in den meisten Haushalten mehr als das 4-fache der empfohlenen Zahnpasta-Menge („Erbsengroß“ = 0,25g) von den Kindern genutzt wird[3]. Biomimetischer Hydroxylapatit ist im Gegensatz zu Fluorid sicher bei Verschlucken, muss nicht speziell dosiert werden und führt nicht zu Fluorosen.
[1] Schlagenhauf, U. et al. Impact of a non-fluoridated microcrystalline hydroxyapatite dentifrice on enamel caries progression in highly caries-susceptible orthodontic patients: A randomized, controlled 6-month trial. J. Invest. Clin. Dent. 10, e12399 (2019).
[2] Paszynska, E. et al. Impact of a toothpaste with microcrystalline hydroxyapatite on the occurrence of early childhood caries: a 1-year randomized clinical trial. Scientific reports 11, 2650 (2021).
[3] Creeth, J., Bosma, M. L. & Govier, K. How much is a ‘pea-sized amount’? A study of dentifrice dosing by parents in three countries. Int Dent J 63, 25-30 (2013).
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